Stilles Land

I.
Der Nebel schwebt über die weiten Flure,
Die Wipfel der Bäume wiegen sich sacht.
Kein Geräusch durchbricht diese Ruhe,
Hier ist die Stille an der Macht.

II.
Schwarze Gestalten huschen vorbei,
Ziehen vorüber ohne Wissen wohin.
Die Stille, sie senkt sich nieder wie Blei,
Niemand der fragt: "Wo liegt der Sinn."

III.
Ein kleines Bächlein plätschert vorüber,
Im Schilfe da quakt ein schleimig Vieh!
Kein Steg führt über das Gewässer hinüber,
Die andere Seite erreichen sie nie.

IV.
Ein jeder von ihnen ist auf der Flucht,
Das weite Land nimmt sie dankbar auf.
Die Suche nach Freiheit ist ihre Sucht,
Nehmen die Gefahr dafür in kauf.

V.
Wie ein Schatten ziehen sie durchs Moor,
Der Schrei einer Krähe erreicht sie schwach.
Das Geschrei gequälter Seelen ist ihnen im Ohr,
Friedlich wölbt sich der Himmel wie ein Dach.

VI.
Die Enge der Stadt war sehr erdrückend,
Die Ungerechtigkeit verwirrte sie sehr.
Oft schon mussten das Schwert sie zücken,
Ihr Leben zu retten, fiel ihnen nie schwer.

VII.
Die Schritte der anderen liegen weit zurück, Im einsamen Moor kommen sie gut voran.
Der Nebel verschlingt ihre Schatten Stück für Stück,
Der Gerechtigkeit wurde genüge getan.

VIII.
Teuer war ihre Flucht erkauft,
Doch in der weiten ferne liegt ihr Heil.
Wie sagte der alte Mann: "Hinfort mit Euch, lauft!"
Dann fiel sein Kopf, getrennt von einem Beil!

IX.
Ob ihre Flucht gelingt ist ungewiss,
Dem Krieg entkamen sie ohne Schaden.
Doch ob die Flucht ins Moor richtige ist,
Lässt sich im nachhinein nicht mehr sagen.

X.
Gesehen hat sie nach dieser Nacht keiner mehr,
Vielleicht fanden sie ihre letzte Ruhe im Morast.
Der Gedanke daran erschauert doch sehr,
Die Kämpfer haben damit keine Last.

XI.
Die Tiere und Pflanzen wissens bestimmt,
Doch erzählen werden sie es uns nie.
Was tut das Moor? Es nimmt und nimmt.
Wer weiß, vielleicht findet man sie.

XII.
In tiefen Nächten bei hellem Mondeschein,
Da huschen weiße Gestallten über die Flure.
Das könnten die Verlorengeglaubten sein,
Doch das Moor versinkt in inniger Ruhe.


Oktober 1999 - Januar 2000

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